„Future Memory“ - Strategische Ausrichtung der Herzogin Anna Amalia Bibliothek
20 Jahre nach dem Brand
Am 2. September 2004 löste ein defektes Kabel einen Großbrand in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek aus. Der Dachstuhl und der historische Rokokosaal wurden zerstört, Gemälde, Büsten, Handschriften und Bücher gingen unwiederbringlich verloren. Die Katastrophe macht die Fragilität von kulturellen Überlieferungen deutlich, zeigt aber auch ihre tiefe Verwurzelung in der Gesellschaft auf: Noch in der Brandnacht halfen Bürger*innen, die brandgeschädigten Bücher zu bergen, später sammelten sie Mittel zum Wiederaufbau des Gebäudes und der Sammlungen. Dank neu entwickelter Verfahren konnten verloren geglaubte Bücher restauriert und als sogenannte Aschebücher in die Sammlungen der Herzogin Anna Amalia Bibliothek zurückgeführt werden.
20 Jahre nach dem Brand prägen diese Erfahrungen die Zukunft der Bibliothek: Mit dem Projekt „Future Memory“ gestaltet die Herzogin Anna Amalia Bibliothek ihre strategische Ausrichtung bis 2028 und öffnet neue Perspektiven auf ihre Sammlungen und Bestände. Das Projekt fokussiert auf drei Linien, die fortlaufend auf der Webseite der Klassik Stiftung Weimar präsentiert werden:
Mit „Sammlungen entdecken“ werden Sammlungen der Bibliothek über einen digitalen Suchraum und mit zentralen Beständen neu zugänglich gemacht und die Bibliothek als Medienarchiv erschlossen. „Originale erhalten“ ist der Auftrag, mit neu entwickelten Verfahren und Projekten, die kulturelle Überlieferung zu erhalten und zugänglich zu machen. „Zeitzeugen berichten“ sichert die Erinnerungen an den Brand für ein Zukunftsarchiv, das Orientierungen vermittelt.
Bibliotheksdirektor Reinhard Laube betont: „Nach 20 Jahren wird deutlich: Der Brand der Weimarer Bibliothek im Jahr 2004 ist ein Geschichtszeichen, das ein neues Bild von Bibliothek und kultureller Überlieferung erzeugt. Die Zivilgesellschaft rettet durch ihr Engagement die schwer brandgeschädigte Bibliothek und erneuert so die Idee der Bibliothek. Sie ist offen für den Gebrauch und die Deutung ihrer Sammlungen sowie die Wahrnehmung als öffentlicher Raum. Kulturelle Überlieferung ist eine Entscheidung der Gegenwart und Frage der Gestaltung.“
Rund um den 20. Jahrestag des Brandes findet ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm statt.
Im Rahmen des Kunstfest Weimar wird am 22. August die zweiteilige Intervention „Ars Ignis. Die Poesie der Zerstörung“ der Künstlerin Anna Talens im Rokokosaal und im Studienzentrum der Herzogin Anna Amalia Bibliothek eröffnet. Die ortsspezifische Arbeit setzt sich mit dem Brand der Bibliothek auseinander und ist eine ästhetische Reflexion über Zerstörung und Wissen. Vom 2. bis 5. September sowie am 7. September, jeweils um 16 Uhr, finden szenische Lesungen internationaler Autor*innen statt, darunter u.a. Daniela Danz, Volha Hapeyeva und Alberto Manguel, vorgelesen von Steve Karier. Die Lesungen ergänzen die Intervention und haben ausgesuchte Aschebuchfragmente zur Grundlage.
Am 4. September widmet sich ein Abend Brandursache und Bergung der schwer brandgeschädigten Bücher. Nach Präsentationen von Dipl. Ing. Erhard Arnhold zur Brandursache werden Fachbauleiter Mike Detzner und Dipl.-Ing. Holger Schmidt (Firma Bennert) die Bergung zum Thema machen. Ralf Seeber wird als ehemaliger Feuerwehrmann vor Ort das Gespräch führen.
Zum Tag der Freundinnen und Freunde am 6. September beginnt ab 17 Uhr ein Programm zum Jahrestag des Brandes mit drei Gesprächsrunden und Präsentationen im Studienzentrum. Um 17 Uhr wird das Teilprojekt „Future Memory – Zeitzeugen berichten“ vorgestellt. Anschließend diskutieren Prof. Dr. Thomas Bürger (Vorsitzender Kuratorium Gesellschaft Anna Amalia Bibliothek), Dr. Annette Seemann (Vorsitzende Gesellschaft Anna Amalia Bibliothek) und Gerlinde Sommer (Chefredakteurin Thüringische Landeszeitung) zum Thema „Wenn Kultur brennt – Reaktionen der Zivilgesellschaft“. Um 18 Uhr sprechen Stiftungspräsidentin Ulrike Lorenz, die Künstlerin Anna Talens und die ehemalige Staatsministerin Christina Weiß über „Brand und Kunst“. Zum Abschluss hält Bibliotheksdirektor Reinhard Laube um 19.30 Uhr eine „Brandrede“ und führt ein Gespräch mit Michael Knoche, dem Direktor der Herzogin Anna Amalia Bibliothek zur Zeit des Brandes. Begleitend zu den Veranstaltungen können sich Interessierte auch über die drei Linien des Projekts „Future Memory“ informieren: Sammlungen entdecken, Originale erhalten und Zeitzeugen berichten. An einzelnen Stationen im Studienzentrum werden die Themen und Inhalte an Originalen und digital präsentiert und von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren erläutert.
Zwei aktuelle MDR-Produktionen erinnern an den Großbrand der Bibliothek. Die TV-Doku „Die Bibliothek brennt – 20 Jahre nach der Tragödie von Weimar“ und der Podcast „Bücher in Asche. Der Brand in der Anna Amalia Bibliothek“ lassen Menschen zu Wort kommen, die das Ereignis miterlebt haben. Beide Produktionen werden heute, am 20. August 2024, ab 18.30 Uhr im Studienzentrum der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in einer Preview-Veranstaltung mit anschließendem Publikumsdialog vorgestellt.
Die Veranstaltung ist bereits ausgebucht. Kurzfristige Akkreditierungswünsche der Presse können an jens.borghardt@mdr.de gerichtet werden.
Ute Gebhardts Film „Die Bibliothek brennt – 20 Jahre nach der Tragödie von Weimar“ läuft am 27. August um 22.10 Uhr im MDR Fernsehen. In der ARD-Mediathek steht die Doku nach der Preview-Veranstaltung bereit. Schon jetzt kann man sich auch den von Journalist Tino Dallmann und Lyrikerin Romina Nikolić gehosteten Podcast „Bücher in Asche. Der Brand in der Anna Amalia Bibliothek“ anhören. Er wird in der ARD-Audiothek sowie auf allen gängigen Podcast-Plattformen veröffentlicht.
Programm zum Jahrestag des Bibliotheksbrandes
20. Aug 2024 | 18:30 Uhr | Die Bibliothek brennt. 20 Jahre nach der Tragödie von Weimar
Preview zur Dokumentation und Vorstellung des Podcasts „Bücher in Asche“ des Mitteldeutschen Rundfunks
22. Aug 2024 | 18 Uhr | Ars Ignis. Die Poesie der Zerstörung
Vernissage zur künstlerischen Intervention von Dr. Anna Talens
2.–5. Sep, 7. Sep 2024 | jeweils 16 Uhr | Szenische Lesung
Steve Karier liest Texte aus dem internationalen Literaturprojekt
„Das weiße Archiv“
4. Sep 2024 | 18 Uhr | Brandursache und Bergung der Aschebücher nach dem Brand
Präsentation und Gespräch mit Dipl.-Ing. Erhard Arnhold (Sachverständiger), Fachbauleiter Mike Detzner / Dipl.-Ing. Holger Schmidt (Fa. Bennert) und Ralf Seeber (ehemals Feuerwehr Weimar)
6. Sep 2024 | ab 17 Uhr | Tag der Freundinnen und Freunde | Präsentationen und Gespräche zu Future Memory
17 Uhr | Projektvorstellung des Teilprojekts „Future Memory – Zeitzeugen berichten“, anschließend: „Wenn Kultur brennt – Reaktionen der Zivilgesellschaft“ – Gespräch mit Prof. Dr. Thomas Bürger (Kuratorium GAAB), Dr. Annette Seemann (GAAB) und Gerlinde Sommer (TLZ)
18 Uhr | „Brand und Kunst“ – Gespräch mit Dr. Ulrike Lorenz (Präsidentin KSW), Dr. Anna Talens (künstler. Intervention „Ars Ignis“) und Prof. Dr. Christina Weiß (Staatsministerin a.D.)
19:30 Uhr | „Eine Brandrede“ – Dr. Reinhard Laube (Bibliotheksdirektor), anschließend: Gespräch mit Dr. Michael Knoche (Bibliotheksdirektor a.D.)
Veranstaltungsort:
Studienzentrum der Herzogin Anna Amalia Bibliothek,
Platz der Demokratie 4, 99423 Weimar
Pressemitteilung vom 20.08.2024
Klassik Stiftung Weimar