Anti-Abriss-Allianz setzt starkes Zeichen für Erhalt von Baukultur und Klimaschutz
Das interdisziplinäre Bündnis bringt erstmals Aktive aus den Bereichen Soziales, Umweltschutz und Kulturerbe zusammen. Neben Akteurinnen und Akteuren aus Architektur, Stadtplanung, Denkmalpflege und Handwerk engagieren sich zahlreiche Organisationen, darunter auch der Deutsche Verband für Kunstgeschichte, Architects for Future, moderneREGIONAL und die Deutsche Umwelthilfe.
Ziel der Allianz: den scheinbar alternativlosen Kreislauf von Abriss und Ersatzneubau durchbrechen. Denn diese Praxis verursacht jährlich Millionen Tonnen Bauabfälle und unnötige CO₂-Emissionen. Zugleich gehen mit jedem Abriss wertvolle Baukultur und gewachsene Identität unwiederbringlich verloren.
Schutz von Baukultur als aktiver Klimaschutz
„Jedes Jahr werden zehntausende Gebäude abgerissen und neu gebaut, statt sie zu sanieren. Das belastet Klima und Ressourcen enorm und vernichtet in vielen Fällen bezahlbaren Wohnraum“, so Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe.
Die Anti-Abriss-Allianz will daher den Erhalt und die kluge Weiterentwicklung bestehender Gebäude in den Mittelpunkt stellen. Hierzu sollen konkrete ökologische, soziale und kulturelle Kriterien für den Gebäudebestand entwickelt werden. Parallel arbeitet das Bündnis an Empfehlungen für neue gesetzliche Rahmenbedingungen und Förderstrukturen, um Abrisse wirksam zu verhindern.
Ein weiteres Vorhaben: die Neuauflage des Abriss-Moratoriums mit erweitertem Fokus auf den gesamten baukulturellen Bestand. Damit will die Allianz nicht nur denkmalgeschützte Gebäude, sondern auch Alltagsarchitektur und besonders erhaltenswerte Bausubstanz in den Blick nehmen.
Eine breite Bewegung wächst
Die Initiative für die Anti-Abriss-Allianz ging ursprünglich vom KulturerbeNetz.Berlin, dem Denkmalnetz Bayern und dem Deutschen Verband für Kunstgeschichte aus. Seit 2022 entstand daraus, durch die enge Zusammenarbeit mit weiteren Partnern wie der Deutschen Umwelthilfe, moderneREGIONAL und Architects for Future, eine starke und vielfältige Bewegung.
„Wir sind überzeugt, dass die Arbeit und das Denken im Denkmalbereich Leuchtturmcharakter für die gesamte Gebäudebranche haben sollte“, erklärt Ben Buschfeld vom KulturerbeNetz.Berlin.
„Seit zehn Jahren müssen wir Abrisse dokumentieren. Wir kämpfen dafür, dass sich das ändert", ergänzt Karin Berkemann von moderneREGIONAL.
Mittlerweile engagieren sich über 40 Organisationen in der Allianz. Darunter auch das Haus Marlene Poelzig, dessen Geschichte exemplarisch zeigt, welche Verluste durch Abriss entstehen.
Manifest Substanzgesellschaft: Buch und Veranstaltung am 9. Juli 2025
Ein besonderes Zeichen setzt hier die Initiative Haus Marlene Poelzig, die sich seit 2020 für den Erhalt des von Marlene Poelzig entworfenen Wohn- und Atelierhauses in Berlin-Grunewald eingesetzt hatte. Trotz breiter Unterstützung und intensiver Aktionen wurde das Haus 2021 abgerissen.
Aus dieser Erfahrung heraus entstand das „Manifest Substanzgesellschaft“. Es fordert grundlegende Transformationen im Umgang mit bestehender Bausubstanz und einen echten Paradigmenwechsel: Umbau und Weiternutzung sollen künftig die Regel, Abriss die absolute Ausnahme bilden.
Das Manifest ist Bestandteil des gerade erschienenen Buches „Haus Marlene Poelzig, Berlin. Abriss und Aufbruch“, das im Juni 2025 bei Urbanophil veröffentlicht wurde. Das Buch rekonstruiert das verlorene Haus durch Texte und Bildmaterial und eröffnet einen vielschichtigen Diskurs über Baukultur, Geschichtsbewusstsein und den Wert von Substanz.
Am 9. Juli 2025 lädt die Initiative um 16:30 Uhr zu einer öffentlichen Online-Veranstaltung ein, bei der das Manifest vorgestellt und weiter diskutiert wird. Die Veranstaltung steht unter dem Titel „Manifest Substanzgesellschaft – Gemeinsam gegen den Abriss“ und ist Teil der Reihe „Unterwegs zum Abrissmoratorium 2.0“. Interessierte können sich online zuschalten.
Gemeinsame Verantwortung für die Bauwende
Die zunehmenden Abrisse stellen nicht nur den Denkmalschutz vor Herausforderungen, sondern auch unsere gesamtgesellschaftliche Verantwortung für Umwelt und Klima. Über sieben Tonnen Bau- und Abbruchabfälle pro Sekunde fallen laut der Initiative bundesweit an. Viel zu oft betrifft dies nicht nur funktionslose Altbauten, sondern identitätsstiftende, kulturell wertvolle und oft noch sehr gut nutzbare Substanz.
„Das Manifest Substanzgesellschaft und die Arbeit der Anti-Abriss-Allianz bringen endlich die Themen Umbaukultur und Substanzerhalt auf breiter Ebene ins öffentliche Bewusstsein“, so Leon Beck von Architects for Future.
Neue Mitwirkende sind ausdrücklich willkommen. Weitere Informationen zur Anti-Abriss-Allianz und zur Initiative Haus Marlene Poelzig finden Sie unter:
www.anti-abriss-allianz.de
www.hausmarlenepoelzig.de