Archäologisches Kulturgut stellt den Restaurator vor besondere Herausforderungen, da der Erhaltungszustand oftmals schlechter ist als bei oberirdisch gelagerten Stücken und in Kooperation mit Archäologen erst ermittelt werden muss, aus welcher Epoche und Kultur die Stücke stammen.
Die Arbeit des Restaurators beginnt unmittelbar im Moment der Bergung des archäologischen Fundstücks. Es muss direkt nach dem Fund konserviert werden, um seinen weiteren Verfall zu verhindern. Folgte man früher der Devise, die ursprünglich intendierte Aussage des Stückes wiederherzustellen – was mitunter nicht nur bedeutete, den ursprünglichen Zustand zu imitieren, sondern sogar, das Stück in einen Zustand zu versetzen, der so nie bestanden hatte –, geht es heute in den allermeisten Fällen lediglich um eine Konservierung. Das Ziel der Arbeit ist nicht, das Stück wie neu aussehen zu lassen, sondern allenfalls, es vor dem weiteren Zerfall zu bewahren. Die Spuren der Zeit sind ein wichtiger Teil des Stückes, und sie auszuradieren würde bedeuten, Informationen zu vernichten.
Archäologisches Kulturgut und ihr Fundort
Mitunter hat sich das Fundstück am Fundort bereits in einem seiner Konservierung zuträglichen Milieu befunden, und der Zerfallsprozess beginnt erst mit der Bergung – etwa bei Stücken aus Mooren oder Gewässern, die durch die Feuchtigkeit, den Säuregehalt des Bodens oder den Sauerstoffmangel konserviert wurden. Hier ist das Ziel, den Zerfall auch nach der Bergung so weit wie möglich zu verlangsamen, was beispielsweise dadurch erreicht werden kann, dass man den Gegenstand in einem ähnlichen Milieu, bei geringen Temperaturschwankungen oder unter Luftabschluss aufbewahrt.
In andern Fällen kann allein die Bergung und Konservierung das Fundstück vor dem sicheren Zerfall retten, etwa bei Metallgegenständen, die im Boden von Salzen durchsetzt wurden und entsalzt werden müssen.
Materialien und Ihre Bewahrung vor dem Zerfall
Die meisten archäologischen Fundstücke bestehen aus relativ stabilem, anorganischem Material, das im Boden nicht oder nur sehr langsam zersetzt wird – etwa Keramiken, Gegenstände aus Stein, Metall oder Glas. Dennoch sind auch diese Zerfallsprozessen ausgesetzt, die es zu stoppen oder zu verlangsamen gilt. Wenn möglich, werden die Scherben von Keramik- und Glasgefäßen wieder zusammengesetzt – angesichts der schieren Fülle von Funden wird dies allerdings meist nur bei einer sehr kleinen Auswahl von Stücken und nur zu Ausstellungszwecken durchgeführt.
Komplizierter verhält es sich bei instabileren Materialien, etwa Textilien, Holz, Papyrus oder Leder. Organisches Material ist anfällig für die Zersetzung durch Kleintiere, Mikroorganismen und Schimmel, sodass es gilt, den Befall zu verhindern; außerdem können Schwankungen in Feuchtigkeit und Temperatur zu Quell- oder Schrumpfprozessen führen, was Spannungen im Material, Risse und Löcher nach sich ziehen kann. Da textiles Material mitunter auch mit natürlichen Farbstoffen eingefärbt worden ist, sollte auch der Zerfall dieser Farben nach Möglichkeit verhindert werden.
Befanden sich die Gegenstände an ihrem Fundort in einem ihrer Konservierung zuträglichen Milieu – zu denken wäre hierbei etwa an die Schriften von Qumran, die in der extrem trockenen Luft einer Höhle oberhalb des Toten Meeres fast zweitausend Jahre überdauert hatten, oder an die Mumien in der chinesischen Takla Makan –, so sollte dieses Milieu nach Möglichkeit beibehalten werden. Meist aber haben sie sich in relativ feuchtem Boden befunden und müssen langsam und schonend getrocknet werden.
Archäologische Restaurierung
Weil Archäologie und Restaurierung so eng verzahnt sind und die Arbeit eines auf archäologische Stücke spezialisierten Restaurators sehr spezifisches Fachwissen erfordert, existieren seit der Mitte des 20. Jahrhunderts Ausbildungszweige und seit 1989 Studiengänge in archäologischer Restaurierung.