Der Einsatz von Mineral- und Silikatfarben in der Denkmalpflege
Wir geben Ihnen hier einen Überblick über die wichtigsten auf mineralischer Basis bestehenden Anstrichfarben, die nach den strengen Richtlinien des Denkmalschutzes eingesetzt werden. Zunächst Basisinformationen zur Begriffsklärung.
Woraus besteht eine Farbe?
Jede Farbe besteht grundsätzlich mindestens aus drei Grundkomponenten. Als Basis dient das Bindemittel, es ist zwischen organischen und anorganischen Bindemitteln zu unterscheiden. Die Farbe wird durch die Zugabe von Pigmenten erreicht. Das Lösungsmittel hat schließlich die Aufgabe, eine für die Verarbeitung notwendige flüssige Konsistenz zu erreichen.
Was sind Mineralfarben?
Der Begriff "Mineralfarben" wird im allgemeinen Sprachgebrauch heutzutage leider auch sehr oft für Gebinde benutzt, die aus einer Mischung von mineralischen und synthetischen Bestandteilen bestehen. Diese Dispersionen werden meistens in Baumärkten, aber auch im Fachhandel angeboten, sind aber keine reinen Mineralfarben und aus verschiedenen Gründen für die Verwendung im Denkmalschutz ungeeignet.
Eine echte Mineralfarbe besteht ausschließlich aus mineralischen Komponenten. Das gilt auch für die farbgebenden Pigmente! Als Bindemittel kommen nur Kalk, Silikat oder Zement in Frage. Bei den Pigmenten kommen meist Metalloxide zum Einsatz. Das Lösemittel ist bei echten Mineralfarben immer Wasser.
Was sind Silikatfarben?
Auch Silikatfarben sind rein mineralisch. Um allerdings den Unterschied zu klären, müssen wir das von Adolf Wilhelm Keim, im Jahre 1878 erfundene Rezept verstehen, auf dem Silikatfarben noch heute unverändert basieren. Aus den beiden Ausgangsstoffen Quarzsand und Pottasche wird unter Hitzeeinwirkung das flüssige Kaliwasserglas, kurz auch Wasserglas, erzeugt.
Tatsächlich ähnelt es flüssigem Glas und sorgt dafür, dass die Silikatfarben nicht nur die richtige Konsistenz zum Auftragen haben, sondern durch die sogenannte Verkieselung mit dem mineralischen Untergrund (Mauerwerk, Putze) eine hochfeste Einheit bilden. Statt einer oberflächlich haftenden Schicht entsteht durch die chemische Reaktion eine dauerhafte Verbindung mit der Trägerschicht.
Durch die flüssige Konsistenz entfällt bei gebrauchsfertigen Silikatfarben die Wasserzugabe, sie besteht nur aus Wasserglas und den Pigmenten. Nach ihrem Erfinder werden noch heute die KEIM Farben benannt.
Theatinerkirche, München
Restaurierung und Sanierung von Außenfassaden
Haupteinsatzgebiete der Mineralfarben
Im Denkmalschutz kommen in allen Bereichen, die der Feuchtigkeit oder Witterung ausgesetzt sind, ausschließlich Mineralfarben zum Einsatz, und zwar in erster Linie Kalk- und Silikatfarben. Die Kalkfarben sind ideal in allen Innenbereichen, die gelegentlich oder häufig der Feuchtigkeit und Wasserdampf ausgesetzt sind. Dazu gehören Bäder und Küchen, aber auch Kellerräume. Die extrem hohe Alkalität verhindert Schimmel- und Milbenbefall.
Für den Außenbereich sind Kalkfarben allerdings nicht ausreichend witterungsbeständig. Daher verwendet man hier bei der Restaurierung nur Silikatfarben, die aufgrund der vorstehend beschriebenen Eigenschaften eine ausgezeichnete Resistenz gegen Bewitterung aufweisen und auch nicht, wie Dispersionen, zu Abplatzungen oder Blasenbildung neigen.
Technische Anforderungen an Mineralfarben
An Anstrichsysteme werden strenge Anforderungen gestellt, die in der Euronorm DIN EN 1062-1 definiert werden. Neben der allgemeinen Beschreibung der Farbe gehören dazu im Wesentlichen:
- Glanz, auch Reflektometerwert genannt
- Schichtdicke in μm, unterteilt in Klasse E1 bis E5
- Korngröße, unterteilt in Klasse S1 bis S4, von fein bis sehr grob
- Wasserdampf-Diffusionsstromdichte, Klasse V0 bis V3
- Durchlässigkeit für Wasser, Klasse W0 bis W3
- Rissüberbrückung, Klasse A0 bis A5
- Kohlenstoffdioxid-Durchlässigkeit, Klasse C0 und C1
Besonderheiten der Mineralfarben
Kommen wir nun auf die besonderen Eigenschaften und die wesentlichen Vor- und Nachteile der Mineralfarben im Allgemeinen und der Silikatfarben im Besonderen zu sprechen. Die wichtigste Eigenschaft aller Mineralfarben im Denkmalschutz ist die sehr hohe Wasserdampf-Durchlässigkeit. Diese garantiert, Bauschäden an alten Gebäuden zu verhindern.
Fast nie kann bei einer denkmalgeschützten Fassade eine Wärmedämmung und ein Wandaufbau nach aktuell geltenden Baunormen erzielt werden. Daher kann sich der Taupunkt innerhalb der Fassade befinden und ein hoher Temperaturunterschied innerhalb des Wandaufbaus nicht immer vermieden werden. Unkontrollierte Wasserdampfwanderung ist die Folge, die beim Einsatz eines falschen Anstrichsystems auf Kunststoffdispersionsbasis in kürzester Zeit bleibende Schäden an der Bausubstanz anrichten kann.
Alle mineralischen Farben punkten durch ihre natürliche Zusammensetzung und hohe Dampfdurchlässigkeit beim Einsatz in der Restaurierung. Durch den Verzicht auf synthetische Bestandteile sind sie außerdem extrem umweltfreundlich und farbstabil. Die Farben neigen nicht zum Vergilben wie handelsübliche Dispersionen.
Allerdings gibt es auch einen Nachteil: durch die sehr aggressiven, alkalischen Komponenten dürfen Mineral-, insbesondere Silikatfarben immer nur vom Fachmann verarbeitet werden. Neben der hautätzenden Wirkung nur in der Verarbeitungsphase und des im Vergleich zu handelsüblichen "Heimwerkerfarben" deutlich schwierigeren Auftrags gehören sie nur in die Hände von Fachfirmen, die sich im Restaurieren von alten Gebäuden auskennen.
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