Pigmente sind der wichtigste Bestandteil jeder Farbe – sie sorgen für den jeweiligen Farbton. Wie werden sie verwendet?
Als Pigment bezeichnet man im weiteren Sinne jede pulverförmige Substanz, die, mit einem Bindemittel vermischt, einer Farbe ihren jeweiligen charakteristischen Farbton verleiht. Anders als ein Farbstoff (etwa zum Färben von Textilien) ist es darin unlöslich und verbindet sich nicht chemisch mit dem Trägermaterial, sondern haftet lediglich auf dessen Oberfläche.
Geschichte und Herkunft
Die ältesten von Menschen verwendeten Pigmente finden sich in den Farben, die für Höhlenmalereien verwendet wurden – Holzkohle, Ocker, Kalk und gemahlene Knochen. Dass diese auch gleichzeitig zu den beständigsten Pigmentsorten gehören, ist einer der Gründe für den hervorragenden Erhaltungszustand dieser Malereien. In den Wandmalereien im Alten Ägypten wurde die Palette um einige Mineralien, Kupfer- und andere Metallverbindungen erweitert und erstmals die Fresko-Technik angewendet, die zu einer der beständigsten Techniken zählt.
In den Malerwerkstätten des Mittelalters, der Renaissance und des Barock stellte man die meisten Pigmente selbst her oder bezog sie aus Apotheken und mischte die Farben danach selbst an. Die genauen Prozesse waren dabei Teil des Betriebsgeheimnisses der jeweiligen Werkstätte und können mitunter auch heute noch nicht restlos nachvollzogen werden.
Erst im 19. Jahrhundert gelang es, Pigmente im industriellen Maßstab synthetisch herzustellen. Dadurch erweiterte sich das Spektrum um etliche Farbtöne, etwa Phtaloblau und -grün, Neonfarben und etliche Effektpigmente; beispielsweise können Metalleffektpigmente den Schimmer von Gold oder Silber imitieren oder UV-aktive Pigmente unter Schwarzlicht aufleuchten. Außerdem wurde es möglich, viele teure Farbtöne, wie etwa das aus Lapislazuli gewonnene Ultramarin, durch weitaus preiswertere chemisch identische, synthetische Äquivalente zu ersetzen, oder für giftige Substanzen unschädliche Alternativen zu finden.
Herstellung und Verarbeitung
Die Herstellung von Pigmenten richtet sich nach deren chemischer Zusammensetzung – Ziel ist immer, ein stabiles, im jeweiligen Bindemittel unlösliches, feinkörniges Pulver zu gewinnen. Hierfür reicht bei Mineralien (natürlich oder synthetisch gewonnen) einfaches Mahlen, bei Erdpigmenten Trocknen und Sieben der Erde. Einen interessanten Hybrid zwischen Pigment und Farbstoff bildet Maya-Blau – hier wird ein pulverförmiger Träger (Tonerde) mit Indigo-Farbstoff eingefärbt und das resultierende Pulver in der weiteren Verarbeitung wie ein Pigment behandelt.
Je nach Wasserlöslichkeit des Bindemittels wird das Pigment zunächst über einige Stunden in Wasser eingesumpft und anschließend das jeweilige Bindemittel untergemischt (etwa bei Leim-, Acryl- und Aquarellfarbe) oder – im Fall von Ölfarbe – mit einem Glasläufer auf einer Glasplatte mit Leinöl und eventuell anderen Zugaben angerieben. Keinesfalls darf Pigment trocken in bereits fertige Farbe gerührt werden, da sich sonst Verklumpungen bilden, sogenannte Pigmentnester, die beim Auftragen zerplatzen.
In der Porzellanmalerei wird aus Glasmehl, dem entsprechenden Pigment und einem Bindemittel (meist Öl) eine Glasur angemischt und auf die Weißware aufgetragen; beim anschließenden Brennvorgang verdampft das Öl vollständig und das Pigment wird in das Glas eingeschmolzen. Dies sorgt für ein äußerst beständiges Produkt; allerdings können aufgrund der großen Hitze beim Brennvorgang nur Metalloxide als Pigment verwendet werden, was die Palette leicht einschränkt.
In der Fresko-Technik bringt man ein in Kalkwasser eingesumpftes Pigment direkt auf eine frische Schicht aus ungelöschtem Kalk auf, der es beim Abbinden zu gelöschtem Kalk in einer beständigen Schicht einschließt. Da der Kalkputz einen relativ hohen pH-Wert aufweist, können nur alkalibeständige Pigmente verwendet werden – die meisten Anbieter von Pigmenten kennzeichnen dies auch auf dem jeweiligen Produkt. Ähnliches gilt für die Verwendung von Gips in der Farbe, etwa bei Malgründen aus Gesso.
Qualität und Beständigkeit
Die Beständigkeit von Pigmenten gegen Hitze, Licht und andere Einflüsse variiert je nach Typ – die im Handel erhältlichen Pigmente sind generell relativ robust und werden von seriösen Anbietern auch hinsichtlich ihrer Beständigkeit und Verwendbarkeit gekennzeichnet. Am stabilsten sind viele mineralische Pigmente, etwa Ocker, Grüne Erde und andere Töne auf Basis von Eisenoxid, Kupfer und Mangan.
Nicht alle Pigmente vertragen sich mit alkalischen Substanzen, etwa mit kalkhaltigen Farben, wie sie zum Beispiel in der Freskomalerei zum Einsatz kommen. Ultramarinblau zum Beispiel muss durch z.B. Kobaltblau ersetzt werden, da es in alkalischem Milieu zerfallen würde.
In der Vergangenheit wurden auch giftige Substanzen, wie Bleiweiß und Arsengrün, in Farben, Möbel- und Wandanstrichen verwendet, mit verheerenden Folgen für die Gesundheit der Künstler, Handwerker und Bewohner. Die schädlichen Einflüsse wurden angesichts fehlender Alternativen für den gewünschten Farbton in Kauf genommen. Einem Gerücht zufolge starb auch Napoléon Bonaparte im Exil auf St. Helena an einer (möglicherweise sogar bewusst eingesetzten) Vergiftung durch die arsengrüne Tapete in seinem Schlafzimmer. Seit der industriellen Herstellung einer Vielzahl synthetischer Pigmente ist es gelungen, für so gut wie alle giftigen Pigmente unbedenkliche Alternativen zu finden. Der chemische Nachweis eines bestimmten Pigmenttyps kann daher auch ein hervorragender Indikator für die Datierung eines Gemäldes sein!
Generell gilt, dass bei der Restaurierung eines Gemäldes, einer Wandmalerei oder eines anderen Stückes dasselbe Pigment in derselben Verarbeitungstechnik wie beim Original verwendet werden sollte. Hierfür gibt es jedoch Ausnahmen, etwa werden hochgiftige Substanzen häufig durch ungiftige Alternativen ersetzt oder die Verarbeitungstechnik mitunter für größere Beständigkeit modifiziert.