Schmucksachen der Broncezeit

... Ihre Ornamente bestehen aus Spiral-, Wellen-, Kreis- und Bogen-Linien, konzentrisch angeordnet oder friesartig das Gefäss umziehend. Dieselbe Verzierungsweise in noch reicherer Abwechslung zeigen die meist aus Bronze, aber auch aus Gold, seltner aus Silber bestehenden Schmucksachen, von denen Fig. 9 eine Übersicht gewährt.

Von den Nadeln verschiedener Art (k, l, m, n) und den Spangen, Hafteln, Fibulae (u, v, w, x), mit welchen man den Mantel oder Überwurf befestigte, von den einfachen Fingerringen (r, s), den Kopfreifen (c, (d, e) bis zu den Diademen (a, b,) dem Halsschmuck (t), den Armringen (f, g, h, o), die sich oft spiralförmig oder schienenartig vergrössern (q, p), ist Alles mit einem Sinn (s7) für zierliche Ausbildung der Form durchgeführt, welcher dem künstlerischen Empfinden nahe verwandt erscheint. Trefflich geordnete Sammlungen von Gegenständen dieser ältesten Kulturstufen besitzen u. a. das Antiquarium zu Schwerin, die Museen zu Kopenhagen und Stockholm, das neue Museum zu Berlin, die Antiquarische Gesellschaft in Zürich, das Britische Museum zu London, das gallo-römische Museum im Schloss zu St. Germainen - Laye u. a.



Die 0rnamente aus diesen ältesten Epochen menschlicher Kultur geben uns deutliche Fingerzeige über den Entwicklungsgang der dekorativen Künste. Das Ursprünglichste sind die geradlinigen Verzierungen, die sich als Zickzacks, Rauten, Kreuze in den mannichfachsten Verbindungen namentlich auf ältesten Töpferarbeiten finden. Sie gehen aus den primitivsten Künsten des Flechtens und Webens hervor und sind ohne Frage allen Völkern auf der ersten Stufe der Kultur gemeinsam gewesen. Neuerdings hat man diese Ornamentik auch auf den ältesten griechischen und selbst auf orientalischen Vasen von Cypern, Troja, Mykenä, bei Athen und anderwärts angetroffen. Ein weiterer Fortschritt sind dann die rundlinigen Verzierungen, Kreise, Reihen von Punkten, Spiralen u. dgl., die aus der ältesten getriebenen Metallarbeit in Bronze entstanden sind. Diese Ornamentik hat sich dann ebenfalls in die Töpferarbeit fortgepflanzt, wie abermals zahlreiche Vasenfunde an den angegebenen Orten bezeugen. Erst als drittes Element tritt die Nachbildung der bewegten Menschen- und Thiergestalt hinzu, von letzterer namentlich das Pferd, und die Thiere der Heerden, Rind, Ziege, Schaf sowie Vögel, besonders Schwäne und Gänse. (s8) Man sieht deutlich, wie schwierig es im Anfang auf einer noch kindlichen Kulturstufe dem Menschen wurde, solche Gestalten im Bilde festzuhalten. Als letztes in der Reihe ergiebt sich dann die Nachbildung des vegetativen Lebens, wobei Pflanzen und Blumen zunächst in einer Vereinfachung der Form wiedergegeben werden, welche man als unbewusste Stylisierung bezeichnen kann. Alle diese Stadien der Entwicklung des Ornaments lassen sich neuerdings in den eben erwähnten Funden nachweisen. Es unterliegt aber keinem Zweifel, dass sich dieselben Stufen auch in der Kunst des Orients sowohl in Aegypten wie in Asien ergeben werden, sobald die Forschung dort genauer auf diese ältesten Kulturepochen eingeht, die freilich weit früher als anderwärts durch eine höhere Entwicklung verdrängt worden sind. Je weiter nach Norden, desto länger haben die Völker an jenen primitivsten Formen festgehalten.

Als dritte Epoche wird gewöhnlich, wenn auch nicht widerspruchslos, die Eisenperiode bezeichnet, die mit der Gewinnung und Herstellung dieses für die Kultur der Menschheit hochwichtigen Metalles eintritt. Sie schliesst indess selbstverständlich die Verwendung anderer Metalle nicht aus, vielmehr finden sich z. B. in den Gräbern dieser Epoche Bronzegeräte reichlich mit eisernen Waffen, Geschirren u. dgl. vermischt. Eine Hauptperiode der entwickelten Bronzetechnik hat man sich gewöhnt als die Hallstadter Periode zu bezeichnen nach den reichen Fundstätten zu Hallstadt in Oberösterreich, l) bei welchen die Bronze in Waffen. Geräthen und Schmucksachen sich bereits mit dem Eisen mischt. Man wird den Zeitraum dieser lange andauernden Epoche etwa in die erste Hälfte des letzten Jahrtausends vor Chr. setzen dürfen. Einer etwas späteren, vielleicht die zweite Hälfte desselben Jahrtausends umfassende Epoche bezeichnet man nach einer der ergiebigsten Fundstätten am Neuenburger See als die La Tene-Periode. 2) Hier kommen nur noch Fibeln und andere Schmuckstücke von Bronze vor, und zwar zum Theil etruskische Arbeiten, aber das Bronzeschwert ist durch das Eisenschwert verdrängt; und ebenso sind die Lanzenspitzen von Eisen, wie denn überhaupt hier bereits eine hochentwickelte Eisenindustrie sich bemerklich macht. Alle jene älteren, der reinen Bronze oder gar der Steinzeit ausschliesslich angehörenden Fundstätten, Gräber und Pfahlbauten der Alpengegenden, und zwar sowohl der Schweiz wie der benachbarten Theile Süddeutschlands und Oberitaliens werden in das zweite Jahrtausend v. Chr. zu verweisen sein.

Übrigens haben sich feste Zeitbestimmungen bis jetzt weder für das Steinalter noch für die Bronzeperiode aufstellen lassen. Soviel aber scheint gewiss. dass die Kenntniss der Metallbereitung den westeuropäischen Völkern zuerst durch die Phönizier vermittelt worden ist, bis sie dann, wie zahlreich gefundene Formen und Giessstätten beweisen, diese Kunst sich selbst zu eigen machten. Im Orient fehlt es uns dagegen nicht an historischen Andeutungen für die Abgrenzung der beiden Epochen. So wird dem Josua befohlen, sich steinerne Messer zu machen, um den Kindern Israels nach der langen Wüstenwanderung "die Schande Aegyptens" wegzunehmen. Zu demselben Gebrauch verwendete Mosis Frau Zipora einen Stein bei Beschneidung ihres Sohnes. Noch gegen Ende der Richterzeit, um 1000 v. Chr., heisst es (im I. Buch Samuels 13. 19): "Es war kein Schmied im ganzen Land Israel zu finden; denn die Philister fürchteten, die Hebräer möchten sich Schwerter und Spiesse machen. Und musste ganz Israel zu den Philistern hinabgehen, so Jemand eine Pflugschar, Haue, Beil oder Sense zu schärfen hatte." Wenn damals ein in naher Berührung mit den Phöniziern lebender Stamm noch unbekannt war mit der Metallbereitung; so lässt sich schliessen, dass zu den fern wohnenden westlichen Völkern der Gebrauch der Metalle viel später erst gelangt sei.
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Quelle:
Grundriss der Kunstgeschichte von Wilhelm Lübke
Jubiläums-Ausgabe / Zehnte durchgesehene Auflage
Erster Band / Mit 392 Holzschnitt-Illustrationen
Stuttgart / Verlag von Ebner & Seubert (Paul Neff) 1887

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