MEISTER ES. BASELER WIRKTEPPICHE

MEISTER ES. BASELER WIRKTEPPICHE
46. Meister E S von 1466: Minneszene. Kupferstich

Auch auf die Kunsttätigkeit in der Nordschweiz hat die Kunst des Meisters E S eingewirkt; ist doch sein Hauptstich, die Madonna von Einsiedeln von 1466 in spätgotischem maßwerkverziertem Chorgehäuse, ein Wallfahrtsblatt dieses Schweizer Klosters gewesen. Eine Reihe von Baseler Bildwirkereien der siebziger bis achtziger Jahre mit Fabeltieren, Jünglingen und Mädchen und Minneszenen usw. steht seinem Stil so nahe, daß bei den besten Stücken (wie dem langen Laken im Besitz von Herrn Engel Groß in Thonon in der französischen Schweiz, Abb. 47) an Vorzeichnungen des Künstlers zu denken ist. Die Hintergründe werden hier häufig von Blumenstaketen gebildet, die bereits in der Madonna von Solothurn (Abb. Bd. II) auftreten. In diesen farbenbunten Wollwirkereien waltet eine köstliche Jugend- und Frühlingslust, ein frohes Naturgefühl; nicht nur in der Zeichnung der schlanken, knapp gekleideten Jungen und Mädchen mit blumenbekränztem Lockenhaar, auch in der Stilisierung von Pflanzen und Getier ist ein so energisches feines Gefühl für das Dekorative lebendig, daß man behaupten kann: darin offenbart sich der Geist der süddeutschen Spätgotik viel freier und stärker als in den mühsamen kirchlichen Tafelbildern. Auch die Nordschweizer Glasmalerei des letzten Drittels des 15. Jhhs., die in Basel und Zürich ihre Hauptsitze hatte, entwickelt sich im Anschluß an den Stil des Meisters E S. Neben vereinzelten früheren Vierpaßscheibchen mit wilden Männern und Tieren sind als Erzeugnisse von hohem künstlerischem Wert eine Anzahl meist rechteckiger "Standesscheiben" zu nennen mit den Wappen der verschiedenen "Orte", gehalten von sehnigen Landsknechten, geharnischten Rittern, Knappen und Edeldamen oder wilden Männern. Das Züricher Landesmuseum besitzt die schönste Sammlung dieser Art. Die Umrahmung mit Strebepfeilern und gotischen Flachbögen wie die damaszierten farbigen Hintergründe beleuchten die enge Verbindung, in der die später zu so großer Selbstständigkeit gelangte "Schweizer Wappenscheibe" damals, um 1500, noch mit der kirchlichen Monumentalglasmalerei stand.


Quelle:
Handbuch der Kunstwissenschaft, Die Deutsche Malerei
von Dr. Fritz Burger, Dr. Hermann Schmitz, Dr. Ignaz Beth
Copyright 1924 by Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion m.b.h.
Wildpark.Potsdam
Ohlenroth`sche Buchdruckerei Erfurt

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